Gut jeder dritte Berufstätige hat nach eigenem Bekunden eine private Berufsunfähigkeits- (BU-) Versicherung abgeschlossen. Dies ist ein Ergebnis der am Dienstag veröffentlichten Continentale-Studie „Berufsunfähigkeit – das unterschätzte Risiko“.

Für die Untersuchung hat die Kantar Deutschland GmbH im Auftrag der Continentale Lebensversicherung AG im Frühjahr 1.348 Berufstätige, Studierende oder Auszubildende zwischen 20 und 60 Jahren online befragt. Ziel der war es, Ursachen für die vergleichsweise geringe Akzeptanz der BU-Versicherung zu finden.

Die Studienautoren weisen explizit darauf hin, dass der tatsächliche Durchdringungsgrad in Wirklichkeit wahrscheinlich noch geringer ist. Es habe sich in vorangegangenen Studien sowie in Gruppendiskussionen gezeigt, dass viele Menschen davon überzeugt seien, privat gegen das Berufsunfähigkeits-Risiko vorgesorgt zu haben, dabei jedoch die Vorsorgeformen verwechselten.

Die geeigneten Vorsorgeformen aus Verbrauchersicht

Denn wie die Untersuchung zeigt, liegen bei den geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen dieses Risiko die BU-Versicherung und Immobilien gleichauf an der Spitze. Jeweils mehr als zwei von drei Befragten kreuzten diese Antwort an.

Nur knapp dahinter folgen das Sparen respektive die Unfallversicherung. Rund jeder Zweite nannte die Lebens- oder die private Krankenzusatz-Versicherung.

Einschätzungen zur BU-Vorsorge (Bild: Continentale)

„Insgesamt zeigt die Tatsache, dass die Berufstätigen mehrheitlich jede der genannten Vorsorgeformen für den Fall der Berufsunfähigkeit für geeignet halten, dass sie schlecht informiert sind“, stellen die Studienautoren heraus. Die einzig geeignete Vorsorgeform werde nicht als solche erkannt.

Große Wissenslücken

Zum Teil große Wissenslücken und Fehleinschätzungen werden auch bei verschiedenen Aussagen zur BU-Versicherung offenbar, denen die Umfrageteilnehmer entweder zustimmen oder die sie ablehnen konnten.

So stimmte fast jede vierte Person der Aussage zu, dass die Leistungen über den gesetzlichen Schutz für den Fall einer Berufsunfähigkeit ausreichten und eine private Absicherung nicht erforderlich sei. Andersherum bedeutet dies aber auch, dass rund drei Viertel der Bevölkerung wissen, dass die staatlichen Leistungen nicht ausreichen.

Dafür hielten mehr als vier von zehn Befragten die falsche Aussage für zutreffend, dass Leistungen aus einer privaten mit der gesetzlichen Absicherung verrechnet werden – der Staat also entsprechend weniger zahle, wenn die private Versicherung leiste.

Irtümer zur BU-Vorsorge (Bild: Continentale)

Ursachen werden falsch eingeschätzt

Die Verbreitung der BU hemmen dürfte auch, dass die Ursachen dafür falsch eingeschätzt werden. So halten die Befragten Rückenleiden und Unfälle für die größten Gefahren. Erstere verursachen verschiedenen Erhebungen zufolge aber nicht einmal jeden fünften Invaliditätsfall, Unfälle sogar nur für jeden zehnten (VersicherungsJournal 25.4.2019, 30.4.2019, 7.6.2019).

Psychische Erkrankungen – die tatsächliche Hauptursache – sehen die von der Continentalen Befragten hingegen erst an dritter Stelle.

Dies führt zu folgendem „Problem: Wenn die Berufstätigen die Ursachen von Berufsunfähigkeit nicht kennen, schätzen sie nicht nur ihr eigenes Risiko, sondern auch die möglichen Vorsorgemaßnahmen, die vor den finanziellen Folgen schützen sollen, falsch ein“, heißt es in der Dokumentation zu der Untersuchung.

Nur wenige sehen ein großes BU-Risiko

Ein weiterer Grund für die relativ geringe Durchdringung stellt auch die subjektive Gefahreneinschätzung dar. So sieht nicht einmal jeder sechste Befragte für sich selbst ein „(sehr) großes“ BU-Risiko.

Tatsächlich werde aber statistisch gesehen jeder vierte Berufstätige berufsunfähig, so die Marktforscher. Die Gefahr, berufsunfähig zu werden, hingegen halten mehr als vier von zehn Befragten für „weniger groß“ und mehr als jeder Dritte gar für „gering“.

Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass nicht einmal 40 Prozent der Bundesbürger die BU-Versicherung für sich persönlich als „(sehr) wichtig“ erachten. Zu diesem Ergebnis ist eine Continentale-Studie zu übergreifenden Vorsorgethemen im vergangenen Sommer gekommen (VersicherungsJournal 13.9.2018).

Versicherung wird für andere als wichtiger erachtet

Grundsätzlich halten laut der aktuellen Untersuchung allerdings zwei von drei Berufstätigen die BU-Versicherung für „(sehr) wichtig“. Nur etwa jeder 14. Befragte bezeichnet sie als „unwichtig“.

Dies sehen die Studienautoren als ein „weiteres Indiz dafür, dass die Menschen unter anderem deshalb nicht für den Fall der Berufsunfähigkeit vorsorgen, weil sie ihr eigenes Risiko unterschätzen und daher natürlich auch für sich persönlich die Vorsorge nicht wichtig finden. Für „andere“ Berufstätige fänden sie die Versicherung hingegen offensichtlich mehrheitlich wichtig.